Die Herkunft – Der Berger de Picardie oder Picard

Aus «Französische Hütehunde“ von Willi Schneider

Im Frankreich grenzt die Picardie nördlich an die Ile de France an, das Pariser Becken. Diese Nordwestecke Frankreichs zwischen Amiens und Lille, der Somme und dem Pas de Calais, feuchtem, maritimem  Klima ausgesetzt und häufig neblig, ist die Heimat der nach ihr benannten französischen Hütehunderasse (wie der Beauceron für die Beauce und der Briard für die Brie).

Aus Erfahrung weiss man, wie eine Landschaft ihre Bewohner formt. Genauso wie ihre Hunde, dürften landeskundige Kynologen und Kynologinnen ergänzen und an den Spruch französischer Hundefreunde und -freundinnen erinnern: «Tel maître – tel chien!» (Wie der Besitzer, die Besitzerin – so der Hund). In der Tat begegnet der Picard Fremden ebenso misstrauisch und etwas abweisend, wie es den Bewohnern der flandrischen Ebenen nachgesagt wird.

Und wie man vom wettergegerbten, zerfurchten Gesicht der Fischer oder Ackerbauern leicht auf die Schwere der Arbeit schliessen kann, braucht man beim Anblick dieses struppigen Vierbeiners nur wenig Fantasie, um sich vorzustellen, wie er mit sturer Geduld die Abweichler zu seiner Herde zurückbringt. Wie der Beauceron und der Briard wurde auch der Picard oft als Kuhhund (Bouvier) eingesetzt. Grösseren Tieren weist er recht rüde den richtigen Weg, und als Wächter eines einsamen Gehöfts beäugt Fremde argwöhnisch. «Rustikal» – dieser Begriff passt in jeder Beziehung und ohne Einschränkung auf diesen Dritten im Bund der grossrahmigen französischen Hütehunde, rustikal im Erscheinungsbild wie im Wesen. Bei der Arbeit ist er «le chien nature, simple, dont on rêve pour toute balade champêtre» (G. Sasias), der unkomplizierte, natürliche, kameradschaftliche Hund, den man sich für seinen Spaziergang durch die Feldflur erträumt.